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Drei wunderschöne Bände Lyrik, deren Einbände von einem hellen Grau in ein dunkles Blau spielen und von einem eleganten Schuber zusammengehalten werden. Dazu eröffnet jeder der drei Bände mit jeweils einem Bild der Künstler Edgar Holzknecht, Erich Spindler und Wolfgang Maria Reiter. Verlegerischer Mut, literarisches Gespür und wohl eine gute Portion innviertlerischer Sturheit haben dieses bibliophile Projekt ermöglicht, das bei Buchsammlern auf großes Interesse stoßen wird, aber auch getrost ins Rennen um das schönste Buch Österreichs gehen kann.
Aber nicht nur die äußere Form ist Kunst -Buchkunst -, auch der Inhalt hält die Erwartungen, die das Äußere verspricht.
Till Mairhofer zählt zu den bekanntesten Autoren Oberösterreichs (während er im übrigen Österreich noch zu wenig Resonanz erhalten hat), kann auf eine lange Publikationsliste verweisen, hat Lyrik, Prosa und ein Kinderbuch veröffentlicht, arbeitet als Rezensent und hat die Gesammelten Werke der Steyrer Autorin Dora Dunkl herausgegeben.
Seine im Zeitraum von 1997 bis 2003 -von Tag zu Tag -entstandenen Gedichte hat Mairhofer nicht chronologisch gereiht, sondern drei "prae:positionen" zugeordnet: Band eins trägt den Titel "von". Hier zeigt sich das lyrische Ich am persönlichsten, erzählt es von sich, seiner Fragilität: "immer & überall / von allen / nach allen seiten / staudamm / & wassermasse / zugleich". Band zwei gehört der Präposition "mit". Hier wird ein du greifbar, "mit" dem kommuniziert, gefühlt, gelebt wird. Der dritte Band wird von der Präposition "zu" bestimmt. Hier schreibt Mairhofer vor allem anderen Schriftstellern zu, etwa Christian Morgenstern, Bert Brecht oder Walther von der Vogelweide. Der Autor sucht Ausgangs-und Anknüpfungspunkte, variiert, erzeugt Permutationen, setzt fort oder erzeugt Kontraste. Schön aufzeigbar ist das etwa an Clemens Brentanos "Der Spinnerin Lied", das Mairhofer in "des spinners lied" abwandelt: "der abschied ist immer / der abschied für immer / das aus dem haus gehen / und nicht wiederkehren / so gehe ich / bevor ich gehe / den vorabend nachtlang / die bücherreihen lang / schlage auf schlage nach / immer ein spätwerk / von jedem möglichst das letzte" . Zu den beiden früh verstorbenen Autoren Manfred Maurer und Clemens Eich hält er fest: "glück / ist glück das / tobt / was zufällt / fällt zu in fülle oder / nicht / dünnes eis / darauf jeder schritt / bricht / clemens eich / manfred maurer / gestürzt / der eistänzer immer wenigere / drehen ihre pirouetten / noch".
"prae:positionen": Mairhofers Lyrik ist nicht Ergebnisanalyse, sondern der Versuch, "vor" die Positionen zu kommen, den Raum der Vorbedingungen, Vorprägungen von Leben und Schreiben auszuleuchten. Der Doppelpunkt wirkt dabei als trennendes und verbindendes Element zugleich, ist die Schnittstelle, die Mairhofer interessiert. Die Präpositionen von, mit und zu wollen gleichsam von allem erzählen, ihre Abfolge evoziert das Bild einer Bewegung, vom "von" zum "zu", getragen vom "mit", eine schöne Assoziation, deren viele noch möglich wären. Aber die Präpositionen sind nicht nur titelgebend, sie formen und determinieren die Verse, sie verbinden und schaffen Verknüpfungen, die das Bild eines Schreiblebens spiegeln. Allen Gedichten gemein ist das Prinzip der Verknappung. So heißt es in "die frage": "was jenseits / jenseits der gedichte -/ als wieder gedichte / als die verknappung / der verknappung von / worauf alles hin / aus läuft / da vor der Mensch / gelegentlich / aufreißt / in form".
Mairhofer spart mit Worten, seine Verse sind kurz, die Strophen meist nur wenige Verszeilen lang. Durch die präzise Setzung der Verse, der Rhythmen, des Klangs erreichen Mairhofers Gedichte einen hohen Grad an Verständlichkeit. Die konsequente Kleinschreibung gibt der Lyrik einen wohltuend demütigen Charakter. Mairhofers Gedichte ruhen in sich, sie sind schöne Form, das Ergebnis reifen Schreibens, deshalb werden sie dem Rahmen, der von der äußeren Gestaltung gegeben wird, mehr als gerecht.
Mairhofer vertritt die Haltung, dass es nicht unbedingt die lange Form des Romans braucht, um komplizierte Sachverhalte auszudrücken, sondern dass auch die Mikroform des Gedichts reichen kann, um "Großes" zu erzählen. Davon kann man sich in "prae:positionen" auf inspirierende Weise überzeugen.
Peter Landerl
19. Jänner 2005
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